Neues Angebot für Menschen mit Demenz
Erkrath (NM). Im Juli startet in der Caritas Begegnungsstätte Gerberstraße ein neues Angebot für Demenzpatienten. Die »Kleine Marktmusik« soll alle 14 Tage freitags zur Marktzeit den Betroffenen ein Stück Lebensqualität zurückgeben und ihren pflegenden Angehörigen eine Auszeit bieten.
Matthias Katzenmeier vom Caritasverband erinnert sich noch gut an seinen dritten Arbeitstag in einem Altenheim. Es wurde Klavier gespielt und gesungen. »Während ich vielleicht noch grade die zweite Strophe der Lieder kannte, konnten die Bewohner noch alle Strophen auswendig, obwohl viele von ihnen als hoch dement galten«, erzählt er beeindruckt: »Musik haftet sehr tief.« Damit ist sie ein ideales Mittel, um Menschen mit Demenz anzusprechen, Erinnerungen zu wecken und Gespräche anzuregen. Das weiß auch Gabriela Wolpers vom Demenz-Netzwerk-Erkrath, die ab dem 18. Juli alle 14 Tage freitags von 10 bis 11.30 Uhr in der Caritas Begegnungsstätte Gerberstraße die »Kleine Marktmusik« leiten wird. Sie selbst verbindet beispielsweise mit dem Kinder- und Karnevalslied »Heile heile Gänschen«, wie ihre Mutter sie in den Arm genommen und getröstet hat, wenn sie traurig war. Im Rahmen des Betreuungsangebotes »Café-Klatsch« konnte sie immer wieder feststellen, dass Musik gerade bei Demenzpatienten etwas bewirkt und ihnen ermöglicht, Emotionen ohne Worte auszudrücken. »Während die Menschen sonst ständig erleben, was sie nicht mehr können, setzen wir an ihren noch vorhandenen Fähigkeiten aus dem Langzeitgedächtnis an«, erklärt sie. Alte Schlager beispielsweise wecken Erinnerungen an Tanzabende, die ersten Urlaubsreisen nach Italien, mitunter aber auch an traurige Erlebnisse: Die meisten heutigen Demenzpatienten haben den Zweiten Weltkrieg miterlebt; mit dem Song »Lili Marleen« verbinden manche den Zeitpunkt, als die Bomben schwiegen, andere erinnern sich aber vielleicht gerade durch die Musik an ihre Zeit im Schützengraben oder den Verlust eines geliebten Menschen.

Dr. Erhard Tönjes von der Stiftung Abendsonne hat mit der Finanzierung der Instrumente die »Kleine Marktmusik« für Demenzpatienten ins Rollen gebracht. Darüber freuen sich Gabriela Wolpers (Demenz-Netzwerk-Erkrath) und Matthias Katzenmeier (Caritasverband, v.l.) Foto: Marschall
Ein vorsichtiges Abwiegen und Herantasten der Musikauswahl innerhalb der Gruppe sei daher sehr wichtig, erklärt Wolpers, die eine Weiterbildung zur Musikgeragogin speziell für Menschen mit Demenz absolviert hat. »Es wird gesungen, musiziert, Geschichten und Gedichte mit Musik untermalt oder Lieder von CDs mit einfachen Instrumenten begleitet und sich zur Musik bewegt«, gibtsie einen Überblick über das, was die Teilnehmer der »Kleinen Marktmusik« erwarten wird. Dabei ist es egal, ob sie früher mal ein Instrument erlernt haben oder nicht. »Trommel schlagen geht immer«, lacht Wolpers, die selbst auch in ihrer Freizeit Gitarre, Flöte und –inzwischen ein wenig »eingerostet«, wie sie selbst sagt – Klavier spielt. Aber auch Klanghölzer, Rasseln, Triangel, Tamburin, Percussion-Frosch oder die Ocean-Drum und viele Instrumente mehr lassen sich spielerisch ohne Musikkenntnisse einsetzen.Die Anschaffung von gut 30 Instrumenten hat die Stiftung Abendsonne ermöglicht. »Das ist ein tolles Projekt«, findet Dr. Erhard Tönjes, Vorstandsvorsitzender der Stiftung: »Vielleicht lässt sich die Idee ja auch auf weitere Standorte übertragen.« Insbesondere Unterfeldhaus schwebt ihm hier vor. Ganz so leicht wird der Plan jedoch nicht umzusetzen sein. »Das Demenz- Netzwerk wird zwar von der Stadt mitfinanziert«, erklärt Matthias Katzenmeier, »so dass das Tagesgeschäft einigermaßen auf soliden Beinen steht. Alle zusätzlichen Angebote brauchen aber zusätzliche Mittel.« Zumindest für ein Jahr hat die Caritas für das Projekt die Arbeitszeit von Gabriela Wolpes von fünf auf sieben Wochenstunden erhöht. Später ist eventuell eine Refinanzierung über die Pflegekassen möglich. Unterlagen zur Anerkennung als zusätzliche Pflegeleistungen wurden bereits bei der Bezirksregierung eingereicht.